THOMAS RöTHLIN

Am Donnerstagabend wurde das Bezirksgericht Aarau
vorübergehend zum recht(sprechungs)freien Raum und den
unüblich vielen Anwesenden im Kerzenschein ganz feierlich
zumute. Ehemalige und amtierende Richter und
Gerichtsschreiber, Parteikolleginnen und Familienangehörige
wurden Zeugen eines Präsidentenwechsels: Marc Steiner (SP)
wechselt als |
Kartell-
und Vergaberechtsspezialist ans neue Bundesverwaltungsgericht
nach St. Gallen und wird als Gerichtspräsident II in Aarau
abgelöst von lic. iur. Fürsprecherin Karin Gygax (SP).
«Jungdynamisches Personal strebt nach höheren Weihen»,
kommentierte Inspektionskommissionspräsident Hansjörg
Geissmann Marc Steiners Abgang nicht ohne Bedauern. Er gehe
mit einem weinenden Auge, versicherte dieser, doch eine
Justizkarriere lasse sich eben schlecht planen. Als Vertreter
der Aufsichtsinstanz über die Bezirksgerichte attestierte
Geissmann dem Scheidenden einen «ausgezeichneten
Topzustand» seiner Hinterlassenschaft. Ein aufgeräumtes Erbe
also tritt Karin Gygax an, die von Geissmann zuerst umarmt
(«ich darf sie küssen, sie ist meine |
Expraktikantin»),
auf ihren sich abzeichnenden Nachwuchs angesprochen und dann
per Gelobigungsformel hochoffiziell in Pflicht genommen wurde.
Gerichtspräsident I Thomas Müller überhäufte seinen
Kollegen geradezu mit Geschenken (ein Wollschal gegen «rauen
Wind in der Ostschweiz» sowie Köstlichkeiten aus der fernen
Toskana «auf Anreise» und dem Kafi Brändli um die Ecke).
Marc Steiner seinerseits hatte einen Apéro riche auftischen
lassen. Was Müller zu der hämischen Bemerkung an die
Gästeschar verleitete: «Sie meinen doch nicht etwa, aus dem
Staatskeller gäbe es mehr als mit viel Mineral verdünnten
Weissen, garniert mit ein paar Nüssli?»
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